Verbessert die digitale Patientenakte das Gesundheitswesen?

Rundfrage auf dem Krankenhaus-Branchentreff 2018 in Berlin

Die digitale Patientenakte verringert den Dokumentationsaufwand, vermeidet Doppelarbeiten und verbessert die Gesundheitsversorgung insgesamt. Da sind sich Klinikgeschäftsführer und Pflegedirektorin einig. Probleme gibt es derzeit noch bei Medienbrüchen zwischen Papier und digitaler Datenform und den Schnittstellen zwischen den einzelnen Programmen. Dazu müssen Standards geschaffen werden, um Synchronisierung und Echtzeit-Datenaustausch zu ermöglichen und Wiedererkennungswerte für die Nutzer zu erzeugen.

Immense Vorteile bieten elektronische Patientenakten für eine optimale und effiziente Vernetzung aller Bereiche. Sie führen zu einer Arbeitserleichterung und helfen bei der interprofessionellen Betreuung der Patienten. Alle Beteiligten können jederzeit auf die Informationen zugreifen. Elektronische Patientenakten führen auch zu einer höheren Sicherheit in der Patientenversorgung, denn die Dokumentierenden schreiben direkt in die Akte, sodass Übertragungsfehler vermieden werden und nichts verloren geht. Eine große Herausforderung der Digitalisierung der Prozesse und Kommunikation ist häufig noch die Bereitschaft und Offenheit der Mitarbeiter, sich auf Veränderungen, die digitale Anwendungen mit sich bringen, einzulassen. Zugleich stellt die Nutzung digitaler Patientenakten für die Kliniken aber auch einen großen Wettbewerbsvorteil in der Mitarbeiterakquise dar.

Die Rundfrage in voller Länge

Christoph Schmitz – Kaufmännischer Direktor Marienkrankenhaus Hamburg

Grundsätzlich sehe ich das genauso. Wir arbeiten an der Einführung der digitalen Patientenakte und haben dies auch schon in Teilen realisiert. Ein großes Problem besteht darin, dass wir heute noch Medienbrüche haben zwischen Papier und digitaler Datenform und dass wir natürlich große Themen haben hinsichtlich der Schnittstellen zwischen den einzelnen Programmen. Das heißt, es gibt nicht ein Programm, das alles abbilden kann, sondern wir brauchen eben verschiedene Programme, um die verschiedenen Spezialbereiche dann miteinander zu verbinden und optimal zu vernetzen.

Prof. Dr. Norbert Roeder – Medizinischer Geschäftsführer Klinikum Mittelbaden

Grundsätzlich stimme ich dieser Aussage uneingeschränkt zu. Wir haben mehrere Krankenhäuser in unserer Krankenhausgruppe, in einem Haus haben wir schon weitgehend durchdigitalisiert. Grundsätzlich gibt es da sehr viele Hürden. Die Mitarbeiter müssen bei der Digitalisierung auch mitmachen und zudem müssen Standards geschaffen werden. Das ist relativ komplex. Anscheinend. Ich finde es nicht komplex, aber für unsere Mitarbeiter ist es beispielsweise relativ komplex, sich in verschiedenen Häusern darauf zu einigen, wie eine Krankenakte aufgebaut sein muss, also welche „Register“ sie haben sollte. Da muss eine Synchronisierung stattfinden, sonst kann man nicht in mehreren Häusern die gleiche Krankenakte aufbauen, Daten austauschen und Wiedererkennungswerte für Mitarbeiter schaffen, die zwischen den Krankenhäusern einsatzmäßig rotieren.

Judith Heepe – Pflegedirektorin der Charité Universitätsmedizin Berlin

Die digitale Patientenakte ist definitiv eine Arbeitserleichterung. Sie hilft auch bei der interprofessionellen Betreuung der Patienten. Bislang haben sich bei einer Papierkurve Arzt und Pflegekräfte gestritten, wer die Kurve bearbeiten darf. Digital haben alle Beteiligten die Möglichkeit, jederzeit darauf zuzugreifen. Das erleichtert den Arbeitsfluss und erhöht die Sicherheit, einfach weil derjenige, der dokumentiert, direkt in die Akte dokumentiert, ohne Übertragungsfehler.

Thomas A. Kräh – Geschäftsführer medius Kliniken

Dass die Digitalisierung im Gesundheitswesen, speziell auch die Einführung der Patientenakte in elektronischer Form, unglaubliche Erleichterungen für die Mitarbeiter und eine immense Sicherheit für die Patientenversorgung bringt, da sind wir uns als Fachleute im Gesundheitswesen einig. McKinsey hat 2018 eine Studie herausgegeben, wonach über 12 Prozent der Kosten im Gesundheitswesen eingespart werden können. Das sind glaube ich 34 Milliarden Euro, ein ganz schöner Betrag. Ein erheblicher Anteil war darin begründet, dass man im Krankenhaus eine Patientenakte, die man in der Vergangenheit immer schriftlich und auch heute noch oft schriftlich dokumentiert, das heißt, alles auf Papier aufgenommen wird. Digitalisiert man dies, kommt man zur Echtzeit-Dokumentation. Die Frage, ob Krankenhäuser diese elektronische Patientenakte nutzen ist natürlich sehr unterschiedlich, je nachdem, was Sie für einen Krankenhausträger, für ein Krankenhaus haben.

Ich bin seit 6 Jahren bei den medius Kliniken, das ist eine kommunale Krankenhaus GmbH. Wir leben seit 6 Jahren eine elektronische Patientenakte. Wir haben an einem Standort begonnen, haben dort mit 3 Pilotstationen angefangen und haben es dann ausgerollt über alle 28 Kliniken, die wir an unseren 3 Standorten haben. Wir leben seit Mitte 2018 eine komplett papierlose Patientenakte. Das ist ein unglaublicher Wettbewerbsvorteil für die Mitarbeiterakquise. Also die jungen Mitarbeiter suchen diese Herausforderung, die wollen in Echtzeit dokumentieren. Die wollen sicher arbeiten, nicht wie es in der Vergangenheit war – jeder hat eine andere Handschrift, die kann man mal besser, mal weniger gut lesen. Digital ist alles leserlich, deutlich und steht in Echtzeit zur Verfügung. Es geht nichts verloren. Und das wiederum dient der Sicherheit der Patientenversorgung und ist für uns ein unglaublicher Wettbewerbsvorteil.